Das Kloster der Arenberger Dominikanerinnen - Arenberg

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Das Kloster der Arenberger Dominikanerinnen

Arenberg
Das Kloster der Arenberger Dominikanerinnen
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10. April 1868 — die ersten Dominikanerinnen auf dem Arenberg;
22. Juli 1868 — die erste Einkleidung in der Pfarrkirche Arenberg.
Seitdem sind 100 Jahre vergangen. Ist es berechtigt, deswegen ein Jubiläum zu feiern?

100 Jahre sind eine lange Zeit, in der vieles in der Geschichte der Menschheit sich ändern kann. Aber es ist doch wohl noch kein Jahrhundert gewesen, das von einer solchen Dynamik erfüllt war wie dieses letzte. Wenn wir in die große Geschichte hineinschauen, so heißt das: Norddeutscher Bund unter preußischer Führung, Kaiserproklamation vom 18. Januar 1871, Zunahme der Bevölkerung in Deutschland von 41 Millionen in Jahre 1871 auf 65 Millionen im Jahre 1914, dauernder wirtschaftlicher Aufschwung, Industrialisierung, Imperialismus, der europäischen Staaten, Erster Weltkrieg mit seinen schlimmen Folgen: Inflation, wirtschaftliche Verelendung mit allem, was wir noch miterlebt haben.

Letztes Jahrhundert, das ist Schluß mit der Postkutsche, Bau der Eisenbahn, Autostraße, Erfindungen von Flugzeug, Rundfunk, Fernsehen und alles, was damit verbunden ist. In dieser Zeit fallen aber auch die Versuche zur Gründung eines Groß – Deutschland, fällt der zweite Weltkrieg, die Spaltung Deutschlands und im ganzen gesehen die Ablösung der europäischen Großmächte durch die Völker, die früher in der großen Politik nicht ganz ernst genommen wurden.

Dieses letzte Jahrhundert bedeutet überdies noch Demokratisierung, Emanzipation der Frau, Entstehung neuer Mächte in Zeitungswesen und Nachrichtenbüros, kurzum Ablösung der Absolutismus der Fürsten durch die Macht der Propaganda.

Mitten in diesem dauernd wachsenden Wirbel steht aber der Mensch mit seinem großen Sehnen nach Zufriedenheit und Glück und steht eine Kirche, deren Aufgabe, die Menschen auf das wahre Glück  hinzuweisen und zu ihm hinzuführen, immer schwerer wird durch das Überangebot an materiellem Wohlstand und die damit verbundene ständig wachsende Genußsucht.

1869/70 fand das Erste allgemeine Konzil im Vatikan statt; in unseren Tagen war seine Fortsetzung im Zweiten Vatikanischen Konzil. Welch ein Wandel im Selbstverständnis der Kirche, in ihrer Autoritätsauffassung und der Heilsaufgaben an der Welt!

Was will es da heißen, wenn eine Gemeinschaft von rd. 700 Menschen in dieser Zeit den Anspruch erhebt, für sich allein etwas zu bedeuten und deswegen ein großes Jubiläum zu feiern. Die Weltgeschichte hätte doch genau denselben Verlauf genommen, auch wenn diese Arenberger Dominikanerinnen im letzten Jahrhundert nicht dabeigewesen wären.

Von heutiger Sicht aus könnte man so denken. Aber wenn etwa ein Jaspers gefeiert wurde, als er 85 Jahre alt war, oder wenn man andere Männer und Frauen ehrt, die als Künstler oder Philosophen oder sonstwie etwas geleistet, so wird man auch sagen dürfen, daß noch andere Menschen ebenfalls wertvolle Qualitäten besaßen und Werte verwirklichten, die für ihre Zeit von großer Bedeutung gewesen sind.

Wenn jeder Mensch ein einmaliges Wesen, christlich gesprochen, ein Gottesgedanke ist, hat es schon Sinn zu sehen, wie das Schaffen und Arbeiten der Arenberger Gemeinschaft das Dasein und Wirken Gottes in unserer Zeit erahnen und spüren läßt. Vielleicht ließe sich das alles aus zwei Sätzen erklären, die wir dem Lukas – Evangelium entnehmen können: »In jener Zeit ward der Engel Gabriel nach Nazareth gesandt.
« Wir sprechen so oft:
»Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft«
und
»Siehe, ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Worte.«

Den anderen Satz finden wir bei Luk. 11, 28:

»Ja, selig, die das Wort Gottes hören und es befolgen.«

Sie können der Schlüssel sein zum Verstehen der Arenberger Klostergemeinschaft vor 100 Jahren und auch heute.
Gottes Engel können verschiedene Gestalt annehmen, je nachdem Zeit und Stunde es erfordern. Eine Botschaft Gottes war es aber sicher, als im Frühjahr 1868 Josefine Willimann im Kloster der Dominikanerinnen in Schwyz gefragt wurde, ob sie bereit sei, die Heimat zu verlassen und an den Rhein zu fahren,um in der Nähe von Koblenz mitzuhelfen, ein Dominikanerinnenkloster zu gründen. Ob sie nicht auch erschrocken ist, wie es der Jungfrau Maria einst geschah?

Josefine war 26 Jahre alt, hatte weder Vater noch Mutter, war vor etwa einem Jahr ihrer Schwester ins Kloster St. Peter gefolgt, aber nach einiger Zeit wegen ihrer schwachen
Gesundheit als untauglich entlassen worden.

Und jetzt sollte sie in fremder Erde, bei fremden Menschen das verwirklichen, was ihr in der Heimat, bei ihren Schweizer Landsleuten nicht gelungen war! Wenn sie aber trotz aller Angst und Not auf die Frage eine bejahende Antwort gab, so deshalb, weil sie sich innerlich gedrängt fühlte und überzeugt war, sich diesem Rufe nicht versagen zu dürfen.

Am 16. Juni traf sie in Arenberg ein. Es ist der Mühe wert, in heutiger Zeit darauf ganz besonders hinzuweisen, da so viele junge Menschen den Weg zum Priestertum oder auch zum Ordensleben nicht mehr finden, weil sie es nicht fertigbringen, sich selber aufzugeben, um sich ganz dem Herrgott und seiner Führung anzuvertrauen.

Es ist in der Theologie schon viel von der Nazarethstunde gesprochen worden, in der das Jawort Mariens der Menschheit den Heiland brachte. Eine Nazarethstunde war es auch, als Schwester Cherubine Willimann, die durch den Deutsch – Französichen Krieg den Arenberg hatte verlassen müssen, an Pfarrer Kraus, der sie Ende 1870 zurückzurufen versuchte, Folgendes schrieb:

»Da Sie nicht ohne einige Beängstigung in der Wahl des künftigen Ortes meiner Wirksamkeit entscheiden zu können glauben, so schreite ich Ihrem väterlichen Rat folgend, nach Beratung meiner Obern, nach vielem inneren Gebete zur eigenen Wahl. Auf meinen lieben, gütigen Gott vertrauend, der mich gewiß in diesem wichtigen Augenblick nicht gehen lassen wird, so bezeichne ich als den Ort meines künftigen Wirkens das kleine Klösterchen in Arenberg, wenn Euer Hochwürden mit meinem Entschluß einverstanden sind. Da, wo ich dem göttlichen Heiland als Braut angetraut und Ihm das Opfer meiner selbst auf den Altar gelegt habe, da wünsche ich, wenn es nicht anders der Wille Gottes ist, auch zu vollenden.«

Nazarethstunde:
»Siehe, ich bin die Magd des Herrn.«

So sollte dies Wort dem Arenberg zum Heile gereichen, so sollte Mutter Cherubine die Mutter der Arenberger Gemeinschaft werden.
Sie stand darum auch treu zu diesem Wort, während der Jahre von 1871 bis 1879, da sie die Kirche und die heiligen Stätten pflegte und als ambulante Krankenschwester den Verlassenen Hilfe brachte. Liebe Dinge werden aus dieser Zeit berichtet. So etwa, wenn sie einem alten Manne seine lange Pfeife anzündete und so lange daran zog, bis der alte Herr selber damit zurechtkam. Vorkonziliares oder nachkonziliares Verhalten?
»Das Höchste aber ist die Liebe.« –
Sie stand zu ihrem Ja auch in den folgenden Jahren, als sich entscheiden mußte, ob aus dem kleinen Klösterchen das Mutterhaus einer großen Gemeinschaft werden sollte oder nicht.

»Was willst du, Herr, das ich tun soll?«

so hat es der hl. Paulus in seiner Damaskusstunde gesagt. In diesem Geiste hat auch Schwester Cherubine in dieser harten, belastenden Zeit um Klarheit gefleht.

Der 19. Mai 1885 entschied das schwere Ringen um die Existenz ihres Hauses, da Bischof Korum an diesem Tage das Kloster von allen Bindungen löste, ihm die Selbständigkeit gab und Cherubine Willimann zu seiner Oberin machte. Sie schrieb damals an das Generalvikariat in Trier:

»Hoffentlich wird uns jetzt ein einheitliches, ruhiges Voranschreiten in unseren kleinen Wirkungskreis vom lieben Gott beschieden sein.«

Dies Wort beweist, wie sie über all das Vergangene der letzten schweren Jahre dachte. Der Christ muß auch die irdische Welt, in der wir leben, ernst nehmen, so lautet die Forderung, die heute immer wieder von geistlichen und weltlichen Stellen erhoben werden. Häufig ist damit der Vorwurf verbunden, daß viele fromme Menschen und besonders Ordensleute das oft nicht getan hätten und auch heute noch nicht immer tun. Ob doch nicht manches von diesen Vorwürfen übertrieben ist? Wer sich mit der Baugeschichte des Arenberger Mutterhauses beschäftigt, wird immer wieder staunen und fragen:

»Wie war es möglich, daß in 15 Jahren aus dem Klösterchen von 1868 all das werden konnte, was heute das Mutterhaus aufweist: Vorderhaus, Kirche Internat, Noviziat und Wirtschaftsgebäude?«
Planend und verantwortlich leitend stand hinter all dem die Klosterfrau, die sich der Herrgott zu seinem Werke erkoren hatte: Schwester Cherubine Willimann. Sie war es auch, die schon bald eine größere Anzahl von Filialen gründen konnte: in den rheinischen Großstädten Düsseldorf, Elberfelden, Remscheid und sogar zwölf in Berlin, und die Altenheime und Waisenhäuser einrichtete, um der herrschenden körperlichen und seelischen Not abzuhelfen.

In den letzten Monaten vor ihrem Heimgang erlebte sie noch die Gründung der Filiale Euskirchen, wo die Schwestern von den Ursulinen eine Schule übernahmen. Unter Schwester M. Chrysostoma Weber blühte dort im Oberlyzeum mit angeschlossenem Kindergärtnerinnen- und Hortnerinnen – Seminar und Haushaltsschule ein Zentrum der Mädchenbildung auf, das für viele junge Menschen unvergängliche Lebenswerte schuf.

Das Menschenkind, dass all das geleistet hat, darf ruhig kluge Frau bezeichnet werden. Wenn sie es noch fertigbrachte, zwei caritative weltliche Gemeinschaften zu übernehmen, eine aus Berlin und eine aus Oberhausen/Rhld., um sie mit ihrer Kongregation zu verschmelzen, war das ein Wagnis, das andere abgelehnt hatten, das aber beweist, das diese kluge Frau auch ein sehr mutiger Mensch gewesen ist.

Beides aber erwuchs letztlich aus dem ganz großen Gottvertrauen, das Cherubine Willimann beseelte.
Doch hier gilt es ja nicht, eine Biographie von ihr selbst zu schreiben, denn schließlich hat sie ja nur von 1868 bis 1914 in der Kongregation gearbeitet. Hier geht es darum, darüber hinaus auf den gesamten Zeitraum von hundert Jahren zurückzuschauen.

Denn die Schwestern der späteren Generationen haben sich bis heute nach ihrem Bilde geformt und sie stets als ihre Mutter betrachtet und verehrt.
Die Geschichte hat uns viel erzählt von dem Kloster Cluny, von dem die große religiöse Reform im früheren Mittelalter ausgegangen ist.

Vielleicht war dies bloß deshalb möglich, weil den ersten Äbten von Cluny eine lange Lebenszeit beschieden war, und damit eine einheitliche Tradition geschaffen werden konnte.
Es soll der Arenberg nicht mit Cluny verglichen werden, aber der Herrgott hat ihm doch ein ähnliches Glück beschieden. Die Jahre von 1885 bis 1914 waren entscheidend vom Geiste Mutter Cherubine Willimanns bestimmt. Daran änderte das Generalpriorat von Mutter Dominika Savels von 1902 bis 1908 nichts.

Es war vielmehr geeignet, die Schwestern von Oberhausen, die Schwester Dominika nach dem Arenberg gebracht hatte, enger mit der ganzen Gemeinschaft zu verbinden. Schwester Paula Birnbach, die nach Mutter Cherubine die Leitung der Genossenschaft übernahm, konnte das gleiche bei den Schwestern tun, die den Weg über Berlin zum Arenberg gemacht hatten. Mutter Paula Birnbach war selber Kind der Reichshauptstadt und hatte im bürgerlichen Leben eine leitende Stellung im höheren Schulwesen innegehabt, bis sie dann wahrscheinlich durch die Herren des I. Ordens auf dem Arenberg hingewiesen wurde. Sie war die geeignete Frau, die Arenberger Schwestern in der kaiserlichen Zeit und im Geschehen des Ersten Weltkrieges in der großen Öffentlichkeit der Reichshauptstadt heimisch zu machen.

Sie hat durch ihre Verbindungen zum schlesischen Adel auch die Filiale in Breslau gegründet und es sah einmal so aus, als ob Berlin, in dem damals zwölf Filialen der Dominikanerinnen bestanden, dem Mutterhaus am Rhein Konkurrenz machen würden. Es lag dies nie im Sinne von Mutter Paula Birnbach, die stets treu zu Mutter Cherubine und Bischof Korum von Trier stand, wenn sie auch wußte, dass die Häuser in Berlin ein gewisses Eigenleben haben mußten.

Das volle Zusammenwachsen zwischen Ost und West, zwischen Schule, Krankenhaus und Altenheim gelang erst unter dem Generalpriorat von Mutter Thomasia Kückhoven, die von 1921 bis 1946 die Gemeinschaft leitete.
Dem Jülicher Land entstammend, Lehrerin der alten preußischen Schule, trat sie sehr früh ins Kloster ein und wurde nach längerer Tätigkeit im Arenberger Internat und in der Leitung des Vincenzhauses in Oberhausen an die Spitze der Genossenschaft gestellt. Ihr klarer Blick für die Notwendigkeiten des Lebens, eine feste Gesundheit und eiserne Willenskraft machten es ihr möglich, die Zeit der Inflation, des Ruhrkampfes und der folgenden Jahre so zu meistern, daß die Gemeinschaft das Dritte Reich mit seinem offenen und verstecktem Klosterkampf sicher durchstehen konnte.

Auch die schrecklichen Verluste, die der Bombenkrieg an Menschen und Häusern mit sich brachte, wußte sie zu tragen, ohne all dem Schweren zusammenzubrechen. Wie ihr dabei allerdings zumute sein mochte, läßt sich ahnen, wenn sie einmal zu einer vertrauten Schwester sagte:

»Beten Sie doch, daß der Herrgott uns wenigstens das Mutterhaus läßt; wo sollen wir sonst alle unsere Schwestern, die ihr Heim verloren haben, unterbringen!«

Der Herrgott war denn auch dem Arenberg gut. Mutter Thomasia konnte noch nach der ersten bescheidenen Ausbesserung der Häuser die Heimholung aller Schwestern, die während des Krieges in Regensburg, Schlehdorf und Ursberg und anderswo in Sicherheit gebracht waren, erreichen. Dann gab sie im Jahre 1946 die Leitung der Gemeinschaft an Mutter Maria Gratia Störmann ab, diese wurde 1958 von Mutter Aloysianna Geis abgelöst, der jetzigen Generalpriorin.

Was unter Leitung der beiden letzteren an äußerem und innerem Aufbau geleistet wurde, erzählen die Mutterhauskirche und das Marianum in Arenberg, die Krankenhäuser in Köln-Braunsfeld, Moselweiß, Düsseldorf, Elberfeld, Remscheid und Berlin, die Altenheime in Oberhausen, Kirchherten, Daleiden, das Jugendhaus in Düsseldorf-Heerdt und andere. Die äußere Anpassung der Gemeinschaft an die modernen Lebensverhältnisse ist wohl überall erreicht, aber auch die Umarbeitung der Konstitutionen ist erfolgt und die des liturgischen Gebetes ist in vollem Gange. Hier sei besonders den Herren des I. Ordens für ihre wertvolle Mitarbeit gedankt.

Es mag besonderer Beachtung wert sein, daß unter Führung der jetzigen Generalpriorin die
Gemeinschaft der Dominikanerinnen auch eine Missionsstation in Bolivien gegründet hat, wodurch ein Herzenswunsch Mutter Cherubine Willimann, wenn auch erst nach Jahrzehnten, in Erfüllung gegangen ist. Acht Schwestern sind es, die heute in Comarapa arbeiten und schon vier Novizinnen eingekleidet haben.

Der Gottessegen, der der Kongregation für den Aufbau dieses Missionswerkes versprochen worden ist, mag sich denn auch in allen Häusern, besonders auch bei den Schwestern in Ost – Berlin, in Michendorf und Oranienburg in der Mark auswirken. In Michendorf ist seit 1959 ein Noviziat errichtet. Möge auch hier sich erfüllen, was Christus betete:

»Vater, laß alle eins sein – .«

Jeder Mensch ist Kind seiner Zeit! Das gilt auch für die Menschen im Ordenskleid. Aber — macht es die Arbeit der Ordensfrauen nicht geringwertig, wenn heute so oft gesagt wird, den modernen Frauengemeinschaften fehle es an einer wahren Spiritualität —?

Sie wurden doch durch die Verhältnisse des 19. und 20. Jahrhunderts immer wieder vor ständig wechselnde und immer wachsende Aufgaben gestellt. Haben sie nicht immer wieder versucht, dem mit Einsatz aller Kraft gerecht zu werden und unbeirrt nach dem Heilandswort zu handeln

»Was ihr dem Geringsten meiner Brüder tut/ das habt ihr mir getan«

Wenn sie damit auch vor mancher modernen Kritik vielleicht nicht bestehen können, — Gott wird ihnen seine Anerkennung sicherlich nicht versagen. Vielleicht könnte es so scheinen, als ob diese Darstellung die Vergangenheit idealisieren wolle. Aber dem ist nicht so. Sie gründet auf einem ernsten Studium, das seinen Niederschlag in der »Caritas vom Arenberg« fand. Und es ist der Mühe wert zu wissen, daß Archivstudien, die in den letzten Jahren auch von anderer Seite gemacht worden sind, diese Darlegungen bestätigt haben.

1885 zählte die Arenberger Gemeinschaft 16 Schwestern. Beim Tode von Mutter Cherubine waren es etwa rund 700. Sicher ein erstaunliches Anwachsen, wenn man bedenkt, das um den Arenberg die Mutterhäuser von Waldbreitbach, Marienhof, Dernbach und Nonnenwerth liegen. Zweifellos haben die Patres des Dominikanerordens und viele andere Welt- und Ordenspriester manche Schwestern Arenberg geführt. Aber es muß doch auch etwas Gewinnendes von der Persönlichkeit der ersten Generalpriorin und ihren Nachfolgerinnen ausgegangen sein, sonst wäre dieses starke Aufblühen nicht zu verstehen.
Im ersten Petrusbrief, Kap. 5, steht der Aufruf: »An die Ältesten der Kirche: Weidet die Herde Gottes, die euch anvertraut ist, nicht aus Zwang, sondern gern, wie Gott es will. Tretet nicht als Herren auf, sondern seid Vorbilder für die Herde von Herzen.« Das Wort können wir auch sicher auf diese Klosterfrauen in ihrer verantwortlichen Stellung dankbar anwenden.
Woher kamen die Schwestern? Da waren junge Menschen aus dem Rheinland, Mädchen aus den Familien des rheinischen Industriegebietes, aus Westfalen und Oldenburg, und nach der Gründung der Berliner Filialen kamen auch viele aus der Reichshauptstadt, von Schlesien und vom Ermland;
Menschenkinder der verschiedensten sozialen Herkunft, mit verschiedenster Vorbildung, die aber alle davon überzeugt waren, daß Gott sie gerufen.

700 und mehr Schwestern in Krankenhäusern und Altenheimen, in Erziehungshäusern, viele Jahrzehnte lang. Wenn wir das überlegen, dann wissen wir auch, wieviel Idealismus und christlicher Opfersinn sich da ausgewirkt haben:

Da denken wir an die »unbekannte« Krankenschwester, die morgens um fünf Uhr aufsteht, zur Kapelle geht, den Segen Gottes für ihr Tagewerk zu erbitten und die dann acht und zehn Stunden auf ihrer Station aushält, bis sie abends todmüde sich zur Ruhe legen kann.

Wie oft wird sie, wenn sie Stations- oder Operationsschwester ist, auch noch des Nachts geweckt. Da steht vor uns die Schwester in der Altenpflege, deren Dienst zwar nicht soviel Aufregung wie die Krankenpflege bringt, deren Arbeit aber den natürlichen Empfindungen widerstrebender sein kann. Arme, hilflose Menschen, pflegebedürftig, auch im intimsten Bereich des Menschen, vielleicht melancholisch, schwermütig. Ihnen jeden Tag dienen und das jahrzehntelang, das erfordert Menschen, die sich selber ganz vergessen und das Letzte an fraulicher, mütterlicher Kraft verschenken können.

Schwestern in der Erziehung, im Kindergarten, in der Schule, im Fürsorgedienst! — Jeder, der von Pädagogik etwas versteht, weiß, wie auch hier der Mensch sich immer wieder selber vergessen und ganz für andere dasein muß, wenn auch sehr oft Undank und Ablehnung die Antwort sind.

Aber wir werden unter den 700 auch all jene schauen müssen, deren Arbeit kaum beachtet wird, die aber ebenso wichtig ist. Denken wir an die Schwestern im Waschhaus, Küche, Ökonomie oder ähnlichen Betrieben, die unauffällig und so selbstverständlich wie die Luft, die man atmet, auf ihren Posten stehen.

Wie häufte sich erst ihre Arbeitslast, wenn ein Haus neu eingerichtet wurde, mit Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hatte, oder Krieg und andere Notzeiten das Letzte verlangten!
Ferien – eine Selbstverständlichkeit für den Menschen von heute. Wie wenig Ferien haben unsere Schwestern früher gekannt. Pensionierung – wie rechnet der moderne Mensch damit! Wie zählt er die Jahre bis zu dem Tag, da er in den Ruhestand treten kann.

Wieviel Schwestern sind es, die heute mit 70 und noch mehr Jahren noch in voller Verantwortung dastehen, und ihre Aufgaben auch noch immer gewachsen sind! Und dann vor allem 700 Schwestern täglich im Gebet vor dem Herrgott, seien es zwei oder mehr Stunden, was bedeutet das vor Gott!
Welcher Segen erwächst daraus für Kirche und Volk, denen doch das Beten all dieser Menschen gilt.
»Eine größere Liebe hat niemand als die, daß es sein Leben hingibt für seine Freunde.«

Das Heilandswort bewahrheitet sich in jedem Schwesternleben, das ehrlich gelebt wird. Es hat sich aber in ganz besonderer Weise auch bewahrheitet bei den 57 Schwestern, die in der Pflege der Kranken und Alten Opfer des Bombenkrieges geworden sind. Auch ihr Tod war noch ein Beten:

»Hier bin ich, Herr, Du hast mich gerufen —.«

Aber es wäre undankbar, wenn bei all dem, was in 100 Jahren geleistet worden ist, nicht auch der Männer und Frauen gedacht würde, die in den Häusern der Kongregation Jahre, bisweilen Jahrzehnte, treu mitgearbeitet haben. Es wäre undankbar, wenn nicht aller Ärzte und Mitarbeiter gedacht und ihnen an dieser Stelle gedankt würde. Besonderer Dank gilt den Männern und Frauen in staatlichen und kirchlichen Stellen, die sich für die Gemeinschaft der Dominikanerinnen vom Arenberg eingesetzt haben.

Was Pfarrer Kraus oder auch Prälat Kinn in den ersten Jahren der Kongregation getan haben, ist in die Geschichte eingegangen. Auch die Herren Patres des Dominikanerordens müssen dankbar und in Ehren genannt werden. Vor allem aber wird man der Oberhirten von Trier, der Bischöfe Felix Korum, Rudolf Bornewasser und Matthias Wehr gedenken müssen, die Jederzeit den Dominikanerinnen ihr besonderes Wohlwollen schenkten. Auch die bischöflichen Delegaten für die Genossenschaft, Generalvikar Tilmann, Domkapitular Müller, Schulrat Spurtzem, Generalvikar von Meurers und Weihbischof Stein betreuten das Mutterhaus und seine Schwestern stets mit viel Liebe und Sorge. Zumal letzterem, dem jetzt als Bischof von Trier die oberste Verantwortung für die Gemeinschaft anvertraut ist, sei an dieser Stelle ein ebenso ehrfürchtiges wie herzliches »Gott vergelt´s« gesagt.

Aber die Dankbarkeit verlangt es auch, daß wir einiger Herren gedenken, die in wirtschaftlichen Fragen Berater und Mitarbeiter der Gemeinschaft gewesen sind. Herr Bundesrichter Dr. Birnbach, der Neffe der Generalpriorin Mutter Paula Birnbach, war jahrelang der »Getreue Eckart« der Schwestern.

In den schweren Jahren des Dritten Reiches war besonders der ehemalige Regierungspräsident von Köln, Herr Hans Elfgen, der Kongregation bester Berater und Helfer, und Herr Josef Heiliger, Direktor der Bundesbank, hat auch in kritischer Zeit treu zu den Schwestern gestanden. Doch auch Frauen haben sich um den Arenberg und sein Mutterhaus verdient gemacht. Wir danken hier besonders der früheren Reichstagsabgeordneten Frau Dr. Christine Teusch, die lange Zeit in Berlin bei den Schwestern wohnte und späterhin auch als Kultusminister von Nordrhein–Westfalen dem Mutterhaus Arenberg verbunden
blieb.
Wir stehen am Ende dieser Schau: Hundert Jahre Arenberger Dominikanerinnen.
    »Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft«  
                                »Siehe, ich bin die Magd des Herrn«           
         »Das Wort ist Fleisch geworden«

Nazarethstunde im Leben Mariens -                  
im Leben auch von Mutter Cherubine Willimann und der fast 1.600 Frauen, die ihre Töchter wurden.
»Selig, die das Wort Gottes hören und es befolgen«,

gilt ihnen allen, aber auch den Männern und Frauen, die im Laufe des Jahrhunderts mitgeholfen haben, dass die Kongregation auf dem Arenberg eine Quelle des Segens für Kirche und Volk geworden ist. Darum dürfen wir frohen und dankbaren Herzens beten:

»Herr, lohne allen, die uns Gutes getan und tun, mit dem ewigen Leben!«








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